Es ist 19 Uhr und die Plaza Mayor in der Altstadt von Madrid birst nur so von Menschen. Als Mitteleuropäer könnte man versucht sein zu glauben, dass sie auf dem Weg zum Abendessen seien. Aber weit gefehlt: Es ist Zeit für Tapas und einen Plausch mit Freunden. Tapas sind so etwas wie der Kitt einer Gesellschaft, deren Sozialleben in hohem Maße auf der Straße und in unendlich vielen kleinen Bars im ganzen Land gelebt wird. Tapas oder Pintxos, wie die Basken die kleinen Essensbegleiter nennen, gehören immer dazu, wenn man sich ein Glas Wein, einen Cava, einen Sherry oder auch ein Bier bestellt. Ursprünglich waren die Tapas einfach nur geröstete Weißbrotscheiben, oft mit Oliventapenade oder Knoblauch bestrichen oder auch mit Tomaten belegt, um das Glas gegen Insekten zu schützen. Tapar heißt bedecken, und genau dazu diente die ursprünglich sehr simple Speise.
Vom Glasdeckel zur kunstvollen Kreation
Zu der ursprünglichen Tapa, der Brotscheibe als Glasdeckel, kamen dann weitere kleine Häppchen. Wer kennt sie nicht, die Schälchen mit Oliven, die ebenfalls gerne zum Wein oder als Entrée gereicht werden? Manchmal war auch schon ein Stück Käse dabei oder etwas Serranoschinken. Lange Zeit waren die Tapas nicht mehr als das, und sie wurden ohne zusätzliche Berechnung zum Wein gereicht. Doch längst hat sich aus der Brotscheibe als Glasdeckel und den kleinen einfachen Beilagen eine Esskultur entwickelt, die ganz eigene regionale Besonderheiten aufweist. Eine Vielzahl dieser Besonderheiten stammt heute aus dem Baskenland, wo die Tapas Pintxos oder Pinchos genannt werden. Das heißt eigentlich so viel wie Spieß und verweist darauf, dass die kleinen Leckereien dort oft am Spieß gegrillt werden. Neben den Tapas gibt es zudem die Raciones, was man tatsächlich als Rationen übersetzen kann. Diese bestellt man üblicherweise, wenn man zu mehreren unterwegs ist; denn es sind etwas umfangreichere Gerichte wie beispielsweise die in Spanien so beliebten Tortillas, die dann in Rationen aufgeteilt werden.